Konzerte
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Tour Jahr

Konzert

Ort Datum
Je te dis vous 1993 Frankfurt am Main; Alte Oper 28.10.1993
Rendez-vous 1998 Mainz; Volkspark (Zeltfestival) 05.07.1998
Patricia Kaas & das NDR 
Hannover Pops Orchestra
1999 Mainz; Musikarena (Stadion am Bruchweg) 30.07.1999
Ce sera nous 2000 Frankfurt am Main; Alte Oper 22.02.2000
Piano Bar - live 2002 Köln; Musical Dome 21.10.2002
Piano Bar - live 2003 Frankfurt am Main; Jahrhunderthalle 20.03.2003
Sexe Fort 2004 Frankfurt am Main; Opernplatz (vor der Alten Oper) 08.07.2004
Kabaret 2009 Frankfurt am Main; Alte Oper 26.03.2009
Kass chante Piaf 2013 Mannheim; Rosengarten (Mozartsaal) 15.03.2013

Bilder der “Rendez-vous”-Tour 1998:

 

   

 

 

 

"Ce sera nous" - Tour 2000
Konzert in der Alten Oper in Frankfurt am Main am 22.02.2000

Ein magischer Abend
Patricia Kaas verzaubert ihr Publikum in der Alten Oper  

VON MANFRED KIRSCH

Bis zum Abend des 22.02.2000 hatte ich geglaubt, dass die dichte und heiße Atmosphäre des Konzerts anlässlich des Mainzer Zeltfestivals im Sommer 1998 (05.07.1998) nicht zu überbieten ist. 

Irrtum! 

Eine Patricia in absoluter Hochform begeisterte ihr Publikum vom ersten Lied ("La clé") an. Der Funke sprang sofort über. Patricia nannte es selbst "Magie". Der ganze Saal gehorchte ihr aufs Wort. Als sie das Publikum aufforderte, so laut zu sein, wie es nur kann, bebt die Alte Oper in ihren Grundfesten.

Wer sich an das Frankfurter Publikum vom Konzert in der Alten Oper der "Je te dis vous" - Tour (28.10.1993) erinnern kann, konnte eine Wandlung vom "Kühlschrank" zum "Vulkan" feststellen. 

Nach mehr als zwei Stunden beendete Patricia das Konzert mit dem Lied "Avec le temps" von Léo Ferré.

Ein unvergleichliches Ereignis war vorbei. Mir fehlen die Worte, um es detaillierter beschreiben zu können ("Il me manque les mots ...").

Es war das bisher beste Konzert von Patricia, dass ich gesehen habe. Ich werde jedoch nicht behaupten, dass man diese Atmosphäre nicht noch überbieten kann. Patricia kann das immer wieder.

 

  

 

Zeitungsberichte vom Konzert in Frankurt:
Die Lieder fühlen (Frankfurter Rundschau)
Abgesang aufs Chanson

Zeitungsbericht vom Konzert in Bielefeld:
Eine Fee auf buntem Teppich

 

Die Lieder fühlen

Zwischen den Welten: Die französische Sängerin Patricia Kaas in der Alten Oper

Von Hans-Jürgen Linke

Patricia Kaas trägt jetzt auch diese Schlaghosen, die sie damals als kleines Mädchen bei den großen Mädchen gesehen hat, dazu ein bauchfreies Top. Sie liebe Mode, hat sie in einem Interview gesagt. Trotzdem zieht sie sich im Laufe des Abends in der Alten Oper nur zweimal um; das ist inzwischen das Minimum. Über ihrer Gürtellinie kann man beobachten, wie prima sie beim Singen die Bauchatmung handhabt. Später erwähnt sie auch ihr Glitzerpuder. Außerdem sagt sie, dass das Publikum ihr helfe, ihre eigenen Lieder zu fühlen und bedankt sich mehrfach in charmant französisch eingefärbtem Deutsch dafür.

Sie wisse ja, sagt sie nachsichtig, das Französische sei nicht unsere Sprache. Und damit hat sie recht, denn unsere Sprache ist das Englische, zumindest in der Popmusik.

Dass Patricia Kaas nicht, wie zum Beispiel Cher, die Festhalle füllt, sondern nur den Großen Saal der Alten Oper, liegt an diesem Sprachproblem und vielleicht auch daran, das sie besser singen kann als die meisten sogenannten Diven im angloamerikanisch dominierten internationalen Pop-Geschäft. Es liegt nicht an ihrer Musik: Die hält sich, bis auf einige Details, im angesagten angloamerikanischen Standard, auch wenn die Gitarristen Pascal und François heißen.

Die Patricia-Kaas-Fans sind also eine etwas kleinere Gemeinde, wenn auch keine ganz kleine. Wie alle Fans wünschen sie sich etwas zum Wiedererkennen, etwas zum Mitsingen und ein wenig Nähe. Das mit dem Mitsingen klappt nicht immer ganz. Darum singt Patricia Kaas nicht nur, sondern spricht auch viel zu ihrem Publikum, zum Beispiel über ihren Urlaub in Marokko und warum das Bühnenbild so anheimelnd marokkanisch aussieht.

Das hängt unter anderem damit zusammen, dass Patricia Kaas sich in mehreren Welten bewegen muss. Sie muss einerseits mit den internationalen Standards kompatibel bleiben, dabei zugleich in der Branche etwas unverwechselbar Französisches verkörpern. Und zwar möglichst so glaubhaft, dass auch ihre frankophilen europäischen Fans ihr das abnehmen.

Frankophile europäische Fans schätzen mehrheitlich eine intensive und kultivierte Atmosphäre, wahrscheinlich auch gutes Essen und französische Weine und erwarten immer auch ein bisschen Edith Piaf und großes Chanson. Und alles kann Patricia Kaas nun leider nicht bedienen. Das stimmliche Potenzial hätte sie schon, aber etliche ihrer Lieder sind eine oder mehrere Nummern zu klein, und der internationale Standard, dem sie sich angepasst hat, stört.

Es ist, als würde man aus Convenience Food vom Verbrauchermarkt ein französisches Menue zaubern wollen. Ein Stück weit gelingt das vielleicht, aber es gäbe Stellen, die wie Täuschungsmanöver aussehen würden.

Im Konzert ist das zum Beispiel der Fall, wenn der Arrangeur durch eine Ballade den Synthesizer wimmern lässt, anstatt François zu vertrauen; wenn die brachiale Lightshow das Publikum auf Distanz schiebt, während die Sängerin gerade um Nähe wirbt; wenn große Gesten allzu verschwenderisch verpulvert anstatt dramaturgisch verantwortlich eingesetzt werden.

Patricia Kaas kann eigentlich alles, was sie können muss, um den Vorschusslorbeer der Fans einzuheimsen. Vielleicht sollte sie sich darauf beschränken.

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Copyright © Frankfurter Rundschau 2000
Dokument erstellt am 25.02.2000 um 10:32:55 Uhr
Erscheinungsdatum 25.02.2000

 

Abgesang aufs Chanson

Patricia Kaas in der ausverkauften Alten Oper

Frankfurt.
Ganz zum Schluss gibt´s tatsächlich noch ein klassisches Chanson: Patricia Kaas interpretiert ein Lied von Leo Ferrer - als Abgesang auf die typische französische Gesangskunst.

Mag auch der Große Saal der Frankfurter Alten Oper am Dienstag ausverkauft und das Publikum begeistert gewesen sein - ein Indiz für eine Renaissance des Chansons à la Edith Piaf oder George Brassens kann und soll das wohl auch nicht sein.

Längst hat die 33-jährige Sängerin aus Lothringen schließlich die Grenzen zwischen den Stilen überwunden, bedient sie sich der bekannten Genres nur noch, um einen persönlichen Weg zu gehen: Das Kennwort, mit dem sie sich heute die Herzen ihrer Fans erschließt, ist eine raffinierte Mischung aus Pop und Klassik, Blues und Schlager, Streichquartett und Rockband - Hitparadentaugliches eben, das sie nun mal auf Französisch singt.

Das Spiel mit den erotischen Signalen gehört da ebenso dazu wie der Hauch von Exotik, den die aus Nordafrika stammende Bühnendekoration ausstrahlt: Schwere Teppiche an den Wänden, der Schimmer flackernder Kerzenleuchter quer über der Bühne und das große Nomadenzelt am Rand sollen die Stimmung ihres Marokko-Urlaubs in den kalten Norden hinüberretten.

Ein bisschen scheint das auch zu gelingen, denn so locker wie diesmal hat sich die Kaas bei ihren bisherigen Auftritten in Frankfurt noch nicht präsentiert. Keine Spur von »J´ai peur de tout«, wenig vom schüchternen »Entrer dans la lumière«, nur Ansätze der einstigen Mademoiselle, die den Blues singt und als kleines Mädchen in die viel zu großen Kleider des Vamps schlüpft.

Souveränität und Natürlichkeit strahlt die 33-Jährige heute aus. Genussvoll badet sie in den Wogen des Beifalls, energisch dirigiert sie Band und Streichquartett, einigermaßen erträglich absolviert sie sogar die offensichtlich unverzichtbaren, bei vielen anderen Künstlern aber unendlich peinlichen Mitmach- und Mitsing-Spiele mit dem Publikum.

Die Seele ihrer Lieder spüre sie nur live im Konzert, sagt sie am Anfang und singt dann mit viel Power gegen den voluminösen Sound von E-Gitarren und Bass-Drum an: Sogar das eigentlich romantische »Si tu rêves« gerät auf der Bühne zum veritablen Rocksong. »Les hommes qui passent« oder »D´Allemagne« gewinnen im Konzert an Schärfe und Kraft.

Trotz dieser Stärken bleiben die unplugged gespielten blues-getönten Lieder ihrer Anfangszeit  - von »Kennedy Rose« über »Regarde les riches« bis zu »Mon mec a moi« - der eigentliche Höhepunkt des gut zweistündigen Auftritts: temperamentvolle Stücke, bei denen sich die Band mit akustischen Gitarren und kleiner Trommel um sie schart.

Sehr stimmungsvoll das anrührende »Une fille de l´est«, das Jean-Jacques Goldman der Kaas auf den schmalen Leib geschrieben hat: Das Lied vom Mädchen aus dem Osten Frankreichs beschreibt sehr gut die (auch politisch) besondere Situation des deutsch-französischen Grenzgebiets - und ist damit ein Stück ihrer Biografie. Goldman, auch Mastermind von Celine Dions »S´il suffisait d´aimer«, entwickelt sich immer mehr zur Gallionsfigur des französischen Show-Business.

Lange vor dem Ende ist die Bühne von begeisterten Fans umlagert: Nur schade, dass ausgerechnet bei der ebenfalls von Goldman geschriebenen Nummer »Les chansons commencent« (die Lieder beginnen) das Gastspiel der Kaas schon beinahe vorbei ist.

 

Zeitungsbericht vom Konzert in Bielefeld:

Eine Fee auf buntem Teppich

Patricia Kaas gelang in der Stadthalle die klassische Eroberung ihres Publikums

VON SUSANNE HILLENS

Bielefeld.
Ein Abend mit einem Star: Bevor Frankreichs berühmteste Chanteuse die Bühne der Bielefelder Stadthalle betritt, muss erst ein lila angestrahlter Vorhang fallen. Die Kaas, nicht zum ersten Mal in der ostwestfälisch-lippischen Metropole, überlässt nach mehr als zehn erfolgreichen Jahren im Pop-Geschäft nichts dem Zufall. Leider, möchte man fast sagen.

Patricia Kaas tourt zur Zeit mit Stücken ihrer neuen CD "Le mot de passe" (Das Kennwort) durch die Republik. Ein Land, das ihr nicht fremd ist - schließlich hat sie mit ihren Eltern im Elsässischen gelebt. Ihrem charmanten Akzent widersteht niemand - der Flirt mit dem Publikum gelingt.

Licht aus - Schwarzlicht an. Die Diva des verpoppten Chansons steigt mit "Si tu rêves" (Wenn du träumst) ein, einem Stück ihrer neuen CD. Träume sind wichtig für Patricia Kaas, sie sind einer der Gründe, warum sie nach mehr als zehn Millionen verkaufter Platten immer noch auf der Bühne steht.

"Ich lebe einen Traum", sagt sie auf die Frage, was sie noch reizt, "und ich möchte, dass dieser Traum weiter geht."

Sehnsucht nach Wärme und Harmonie

Die Sehnsucht der Menschen nach Wärme, Melancholie und Harmonie bedient die Kaas aufs Perfekte. Sie taucht ihre Musiker in ein Meer aus gelb-gold-rotem Licht. Das Arrangement der Bühne gleicht einem aufwendigen Bühnenbild für die Oper: Von oben hängen gelb-seidene Tuchbögen, Keyboard und Drums sind von verschnörkelten Zäunen umrankt, überall glühts in goldenen Lampen - und zur Krönung tänzelt die zarte Kaas feengleich barfuß über bunte, marokkanische Teppiche: eine Französin in der Märchenwelt des Orient. Wenn durch dieses Bühnenbild noch die gelb-roten Lichtkegel sausen, und Patricia Kaas samt Geigen-Schummer und Keyboard-Geflimmer das rockige "J'attends de nous" (Ich erwarte von uns) singt, dann ist alles nach ihren Wünschen - und doch von allem etwas zuviel. Aus den vier Streichern macht die Technik zwanzig - und plötzlich versinkt die Melodie in einem schwammigen Klang-Teppich, gegen den die Französin mit ihrer vollen Stimme fast schon ansingen muss.

Die satten, überladenen Arrangements wie bei "Les éternelles" (Die Zeitlosen) glätten das Beste an der Kaas: ihre Widersprüchlichkeit. Diese wilde Mischung aus Zartheit, Kindlichkeit, Unschuld und einer unglaublich erwachsenen Stimme mit Tiefe, Weichheit und Volumen. In der Bar hat sie angefangen - und je rauchiger und verdorbener sie den Blues singt, um so besser, um so authentischer, um so selbstbewusster wirkt sie.

Das Publikum liegt ihr zu Füßen.

Der eigentliche Höhepunkt des Konzerts war denn auch das unplugged-Medley der älteren Kaas-Stücke wie "Kennedy Rose" oder "L'heure du Jazz". Da räkelt sie ihren Körper nicht gewollt erotisch - da singt sie einfach nur, konzentriert, bluesig, tief, und das Kühl-Laszive kommt von ganz allein.

Da lag ihr das Publikum zu Recht zu Füßen.

 

"Sexe Fort" - Tour 2004

Konzert auf dem Opernplatz vor der Alten Oper in Frankfurt am Main am 08.07.2004

Zeitungsberichte vom Konzert in Frankurt:


Im Pelz in der Abendsonne
- Mademoiselle Patricia Kaas darf vor Frankfurts Alter Oper den Blues aber nicht zu laut singen


Rauchiges Timbre auf einem Kamelsattel -
Chansonette Patricia Kaas stellt auf dem Frankfurter Opernplatz ihr neues Album "Sexe fort" vor

 

Im Pelz in der Abendsonne

Mademoiselle Patricia Kaas darf vor Frankfurts Alter Oper den Blues aber nicht zu laut singen

VON DANIEL BARTETZKO

Es ist schon beeindruckend, von welch visionären Weitsicht Goethes Satz "Frankfurt steckt voller Merkwürdigkeiten" zeugt. Noch heute wird er Mal um Mal belegt durch Begebenheiten, die so eigentlich nur in dieser Stadt geschehen können.

Da steht etwa Patricia Kaas gerade auf der Freilichtbühne vor der Alten Oper und singt, gewandet in eine goldglitzernde Jacke sanft sozialkritisch Regarde Les Riches. Droben auf dem Balkon der Oper schwenkt man dazu die Sektgläser im Takt. Irgendwo in den Häusern hinter der Bühne wird unterdessen ein Lärmmessgerät hochgehalten. Der Chansonpoprock der Elsässerin darf nämlich die 70-Dezibel-Grenze nicht überschreiten. So haben es Anwohner verlangt, so befolgt es der Veranstalter, so kontrolliert es das Ordnungsamt. Es ist auch noch hell, obwohl sich das Konzert im fortgeschrittenen Stadium befindet. Das geht nicht anders: Punkt 22 Uhr fällt das Hämmerchen.

Und so betrat die Kaas mit ihrer Band gegen Acht ziemlich plötzlich die Bühne und sang direkt in die Abendsonne hinein. Im Pelzmantel. Mitten im Sommer.

Das mit der Lautstärke klappt ganz gut. Zwar ist die Musik recht rockig, neigt aber in ihren konventionellen Arrangements nicht zu exzessivem Gebaren. Auch wenn Patricia Kaas etwas anderes suggerieren möchte und mehr als einmal, mehr als gut tut, zum Mitjubeln auffordert. Grande Dame oder Rockröhre, lässige Nonchalance oder distanzlose Hingabe: irgendwie landet sie stets in der Mitte und wirkt dabei einen Tick unecht.

Von hinten tönt indessen der Straßenverkehr, bei den ruhigen Liedern kann man gar noch das Flattern der Tauben hören. Man muss sich tatsächlich auf das Konzert dort vorne konzentrieren. Es gibt jedoch einen uralten Tontechnikertrick zur Stimmungssteigerung: Man dreht einfach lauter. Offenbar war man eingangs unter der erlaubten Höchstgrenze geblieben. Die Töne werden allmählich schärfer, die Musik vehementer. Ou Sont Les Hommes? fragt Patricia Kaas nun in einem ihrer neuen Songs. Der hält zwar Text-Klischees bereit, ("Männer, werdet endlich so toll, wie ihr es immer von euch behauptet") geht in der rechten Phonzahl jedoch in Bauch und Hüfte. Dazu lässt sie ihre Stimme, die anders als ihr Bühnengebaren, anders auch als ihre unverbindlichen Texte, über jeden Zweifel erhaben ist, immer wieder ins Heisere abgleiten.

Die Stimmung wird endlich ausgelassen, ihren größten Hit Mademoiselle Chante Le Blues singt das Publikum mit. "Auf Wiedersehen, Lili Marleen" singt sie bei ihrem Abgang noch einmal ohne Begleitung, damit hatte sie das Konzert schon begonnen. Jetzt trägt sie ein schwarzes Kleid mit Schlitz und tritt ab wie eine Diva. Es ist ziemlich genau 22 Uhr und Schluss.

 

Rauchiges Timbre auf einem Kamelsattel

Chansonette Patricia Kaas stellt auf dem Frankfurter Opernplatz ihr neues Album "Sexe fort" vor

Vom 10.07.2004 - Von unserer Mitarbeiterin Birgit Nargang

Eine deutsch-französische Freundschaft ist manchmal schwer aufrechtzuerhalten, wenn es um Musik geht. Neidvollen Blickes über den Rhein muss man sich eingestehen, dass es diesseits eine andere "Volksmusik" gibt. Das Chanson wird von Dichtern geschrieben, die manchmal Sänger oder Sängerin sind. Selbst der sentimentalste aller Chansonniers, Jaques Brel, hat niemals die dumpfe Speckigkeit, die deutschen Schlagern so anhaftet. Niemand käme auf den Gedanken, einen Schlager über "un putain" zu schreiben. Besonders nicht Marianne und Michael.

Dagegen: Die Innerlichkeit und Poesie des Chanson. Sie fasziniert, im besten Fall in Text und Ton, und meistens faszinieren auch die, die ihn singen. Patricia Kaas gilt unter Fans als die "Sharon Stone des Chanson" und hat sicher dazu beigetragen, dass die Liedform wieder sozusagen "hip" wird, mit jungen Talenten wie Benjamin Biolay. Auf dem Frankfurter Opernplatz spektakelte die Dame ihr neues Album "Sexe fort" vor. Der Bühnendekorateur hatte sich enorme Mühe gegeben, die Atmosphäre eines algerischen Nachtclubs nachzustellen. Sanft getünchter Hintergrund, vor dem verspielte Lampenschirme glitzern und eine festliche Beleuchtung durch - na ja - ganz ordinäre Lichterketten. Auch der Mikroständer wurde originell mit bordeauxfarbenem Plüsch überzogen - denn es war frisch an diesem Abend.

Die Kaas marschiert im voluminösen Pelz auf die Bühne, gefolgt von der Entourage (Rowdies, Kamelsattel-Schlepper, Band). Applaus im Publikum. Charmant freut sie sich, den Frankfurtern ihre neuen Lieder singen zu können. Stufe eins, in der sie eine Melange aus Blues und Rock zeigt. Die Band, wenn auch technisch versiert, nervt bisweilen ungemein. Dem eifrigen Schlagzeuger Roy will man ab und zu den Saft abdrehen, bei dem lauten Gewabere des Keyboards kommt wenig von Kaas´ Brillanz durch. Leider ist die Dame so bescheiden, die Band immer wieder zu langatmigen Soli anzufeuern.

Stufe zwei gelingt besser, da nimmt die Sängerin auf einem Kamelsattel Platz und entfaltet sich dank sparsamer Begleitung erst richtig. Ihr Timbre, rauchig und vibrierend, kommt hier am besten zur Geltung. Man glaubt ihr ja, dass sie rocken kann und die Kunst der großen Posen draufhat. Allein der zweite Mantel, ein goldglitzerndes gutgeschnittenes Ding, beweist das. Aber durch die Band wird ihr Können ein wenig beliebig, zu dekorativ, zu gewöhnlich. In luftiger Korsage steht sie dann auf der Bühne und freut sich über ein elend langes Bluesharpsolo. Das Publikum ist hingerissen und steht auf, bewegt mit Patricia zusammen die Arme wellenförmig, fragt sich mit ihr, wo die Männer sind, weiß, dass sie nicht vergeben will, träumt von la nuit, und über all dem fliegen - wieder geschmackvoll, aber mal nicht arrangiert - drei Tauben im eleganten Bogen an der Bühne vorbei. Schade, dass es dabei bleibt. Vorschlag für Frau Kaas: auch mal allein mit Pianist Jean-Aurie auf Tour gehen und sich der eigenen Größe statt der Bluesharp freuen.

 

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